
Unsere Autoren: Jean-Philippe Hugron
Seit seiner Kindheit liebt der Franzose Gebäude, besonders die hohen. Deshalb wohnt er im Pariser Wolkenkratzer-Viertel – und deshalb fasziniert ihn Monaco. Nun hat er den ersten Architekturführer über den Stadtstaat am Mittelmeer veröffentlicht.
Text: Björn Rosen
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Der Rahmen war so mondän, wie man es von einer ehrwürdigen französischen Institution erwartet. Ende September 2020 vergab die Académie d’Architecture – gegründet 1841, doch mit Wurzeln, die weit ins vorrevolutionäre Frankreich zurückreichen – ihre jährlichen Auszeichnungen. Die Zeremonie fand in ihren Räumen an der Place des Vosges statt, dem ältesten der fünf „Königlichen Plätze“ von Paris, gelegen im Herz der französischen Hauptstadt. Unter den Preisträgern: DOM publishers-Autor Jean-Philippe Hugron, der für seine Publikationen geehrt wurde. Der 38-Jährige schreibt unter anderem für angesehene französische Magazine wie Architecture d’aujourd’hui oder Exé, gelegentlich auch für den deutschen Baumeister.
Zuhause ist Hugron zehn Kilometer westlich der Place des Vosges – und architektonisch in einer ganz anderen Welt. Er wohnt im Hochhausviertel La Défense, errichtet ab den Sechzigerjahren. In der Nähe ist er groß geworden, doch das ist nicht der Grund. Türme und ganz besonders Wolkenkratzer faszinieren Hugron. Die Sommerferien verbringt er denn auch seit gut zehn Jahren bei Monaco, mit Blick auf die Skyline des Fürstentums. Nun ist sein französischsprachiger Architekturführer über den Stadtstaat bei DOM publishers erschienen. Monaco sei Laboratorium und Phantasma, sagt Hugron. Weil der Platz dort so begrenzt ist, werde dem Meer Baugrund abgetrotzt, seien die Häuser nicht nur hoch, sondern auch vielgeschossig unterkellert. „Zugleich haben die Monegassen auch die finanziellen Möglichkeiten für interessante Projekte, weshalb Architekten gerne dort arbeiten: Endlich können sie machen, was sie wollen“, sagt der Publizist. Das schließt gelegentliche geschmackliche Verirrungen ein, denen Hugron in seinen Texten mit feinem Humor begegnet. Dass der Architekturführer das erste Buch seiner Art ist, hat wohl auch damit zu tun, dass Monaco – bekannt als Spielhölle und Steuerparadies – in Frankreich einen mäßig guten Ruf besitzt. „Monaco ist Geld, und Geld ist den Franzosen suspekt.“
Schon als Kind interessierten Jean-Philippe Hugron Gebäude mehr als fast alles andere. „Ich habe nie Tiere gemalt, nie Menschen, sondern immer bloß Häuser.“ Von der Idee, selbst Architekt zu werden, verabschiedete er sich dennoch schon nach wenigen Wochen an der Uni. Stattdessen studierte er Geografie und schließlich Architekturgeschichte. „Architekten brauchen beides: eine intellektuelle und eine sehr praktische Seite, und letztere geht mir ab. Leute führen, Baustellen organisieren – sowas könnte ich nicht.“ Dass Hugron schon seinen 2017 erschienenen Architekturführer Paris bei DOM publishers in Berlin veröffentlichte, ist kein Zufall. Der Franzose spricht fließend Deutsch und kennt sich auf der anderen Seite des Rheins so gut aus wie daheim. Auf der Liste seiner Lieblingsstädte rangiert Frankfurt, dessen Wolkenkratzer er so faszinierend findet wie gut integriert in die städtische Struktur, übrigens nicht an der Spitze. Hugrons große deutsche Liebe: das kleingewachsene Potsdam.