
Zwischenstopp in Tunis
Faouzia Ben Khoud, Autorin unseres Architekturführers Tunis, kennt die tunesische Metropole seit ihrem 14. Lebensjahr. Sie verrät, wo es den schönsten Blick auf die Altstadt und die besten Konzerte gibt.
Text: Faouzia Ben Khoud
Foto: Ez-Zitouna-Moschee, © Faouzia Ben Khoud
Tunis ist ein Flickenteppich verschiedenster Zivilisationen. Das Herz der Stadt bildet das alte muslimische Viertel, die Medina; sie ist im Vergleich zu anderen Altstädten im Maghreb sehr gut erhalten. Direkt daneben beginnt die französische Stadt des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Und schließlich gibt es noch die Ruinen Karthagos und des Alten Roms. Ich bin in einem anderen Teil Tunesiens aufgewachsen, aber in einen Außenbezirk von Tunis gezogen, als ich 14 war. Richtig kennengelernt habe ich die Stadt während meines Architekturstudiums, damals absolvierte ich auch ein Praktikum in der Medina. Sie ist bis heute der Ort, an dem ich mich am wohlsten fühle.
Schmecken. Die Medina besteht aus einigen Hauptschlagadern, in denen sich die Menschen drängen. Dort gibt es Läden, dort trifft man sich. Mein Tipp ist, sich einfach treiben zu lassen und sich zu verlieren – selbst mir passiert das manchmal noch. Biegt man in die Seitengassen ab, wird es schnell sehr ruhig. Dort wohnen die Leute, ihre Häuser sind immer um einen Innenhof herum organisiert. Von außen sieht man davon nichts, in der Medina gilt: Privates hat privat zu bleiben. Wer einmal als Besucher in eines der wunderbaren alten Häuser mit ihren gefliesten Wänden schauen möchte, dem ich empfehle ich das Restaurant El-Ali (Rue Jamaa Ez Zitouna). Von der Terrasse hat man einen großartigen Ausblick auf die Altstadt mit all den Minaretten der Moscheen. Sie machen ziemlich guten Couscous, besonders interessant ist der mit Fisch.
Sehen. Für einen Ausflug sollte man in das Dorf Sidi Bou Said fahren, an der Küste von Kathargo. Es gibt dort archäologische Ausgrabungen, das eigentliche Dorf befindet sich auf einem Hügel. Die Leute vergleichen es oft mit Santorin; die Häuser sind alle weiß, die Türen blau, und läuft man eine der Gassen hoch, sieht man das Mittelmeer. Meine Architekturfakultät befand sich in der Nähe. Wann immer ich Kummer hatte, bin ich dort hingegangen, und sofort fühlte ich mich besser.
Hören. Mein Lieblingsgebäude ist das Stadttheater (Théâtre municipal, 2 Rue de Greece). Kennengelernt habe ich es, als mich eine Freundin zu einem Nachmittagskonzert mitnahm. Es wurde Liszt gespielt, das war wunderbar, und dann noch dieser großartige Saal. Das Gebäude ist im Jugendstil errichtet, aber ich mag, dass der Architekt die dekorativen Elemente – Geländer mit Pflanzen- und Blumenmotiven oder Deckenmalereien, die Vögel zeigen – eher zurückhaltend an bestimmten Stellen eingesetzt hat. Das Haus hat so eine, ich weiß nicht, gemütliche Atmosphäre. Es gibt dort neben Theaterdarbietungen Aufführungen des tunesischen Symphonieorchesters und auch Abende, an denen arabisch-andalusische Musik gespielt wird.
FAOUZIA BEN KHOUD ist die Autorin unseres neuen Architekturführers Tunis, erhältlich auf Englisch und Französisch. Die Architektin studierte in der tunesischen Hauptstadt und an der Hochschule Anhalt in Dessau, wo sie 2017 einen Master in Denkmalschutz machte. Dank eines Praktikums bei der Association de Sauvegarde de la Médina de Tunis kennt sie das historische Herz der Stadt – von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt – besonders gut.
Der Text stammt aus dem DOM magazine No. 1, Februar 2020. Unser Magazin erscheint vier Mal jährlich – zwei Mal auf Deutsch und zwei Mal auf Englisch. Das aktuelle Exemplar bekommen Sie mit Ihrer Bestellung in unserem Webshop. In der Rubrik Zwischenstopp stellen Autoren und Mitarbeiter in jedem Heft eine Stadt oder ein Land vor.