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"Es geht um Würde, um eine Kleiderordnung"

Vor 150 Jahren wurde das Auswärtige Amt gegründet. Der Architekturhistoriker Jörn Düwel hat die Geschichte des deutschen Botschaftsbaus erforscht. Sein Buch Architektur und Diplomatie ist jetzt zum Jubiläum erschienen. Ein Gespräch über Fenster in Riad und die Anziehungskraft der Vormoderne.

 

Interview: Björn Rosen
Foto: Deutsche Botschaft in Maskat (Oman), Hoehler + alSalmy (2017), © Gijo Paul George

 

Herr Düwel, gibt es etwas spezifisch Deutsches an der deutschen Botschaftsarchitektur?

Nur insofern, als dass von anderen Staaten in Europa und auch darüber hinaus sensibel wahrgenommen wird, wie sich Deutschland präsentiert. Diplomatische Vertretungen sind Visitenkarten eines Staats. Deutschland hat zwei Weltkriege vom Zaun gebrochen, eine Schuld, von der es sich nicht freimachen kann. Spätestens nach der Wiedervereinigung 1990 gab es noch einmal ein geschärftes Bewusstsein: Wird das Land wieder eine mächtige Rolle für sich reklamieren und diese auch architektonisch anmelden, oder ist es längst in der westlichen Staatengemeinschaft angekommen? Die Botschaftsarchitektur etwa von Großbritannien oder Frankreich wird gar nicht erst unter diesem Gesichtspunkt betrachtet.

Der erste Neubau des Auswärtigen Amts entstand 1871 im damaligen Konstantinopel. Seitdem wurden Hunderte weitere Botschaften errichtet. Wie stark spiegeln sie den Geist ihrer jeweiligen Zeit? 

Architektur bildet grundsätzlich den Zeitgeist ab, diplomatische Vertretungen sind da keine Ausnahme. Bis weit in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein gab es eine Prägeformel für Botschaftsbauten, die dann abhanden kam, weil die Länder nach spezifisch nationalen Architekturformen suchten. Diese Idee wiederum wurde in der Mitte des 20. Jahrhunderts obsolet, so dass eine Botschaft heute gar nicht mehr unbedingt als solche erkennbar ist. Zum Beispiel die Kanzlei von Egon Eiermann in Washington, eingeweiht im Jahr 1964. Sie folgt einer Büroarchitektur, die gerade nicht auf klassische Würdeformeln … 

Man denkt an Sockel, Freitreppen, Portale.

… zurückgreift. Es handelt sich um einen Verwaltungsbau, der im Grunde überall hätte stehen können – Internationalität ist hier das Markenzeichen –, der allerdings aufgrund seiner exponierten Lage einmalig ist. Egon Eiermann verzeichnete damit seinerzeit einen außerordentlichen Erfolg. In der deutschen Presse war die Rede von der »Endstufe«, mit der die Moderne an ihr Ziel gelangt sei. 

Existieren Botschaftsgebäude, die durch ihre Geschichte gewissermaßen kontaminiert sind?

Eine schwierige Frage. Welche Schuld haben Steine? Die Vertretung in Teheran wurde im Nationalsozialismus entworfen und noch während dieser Zeit in Betrieb genommen. Deutschland nutzt den Bau bis heute. Ich glaube nicht, dass der Geist jener Jahre in ihm steckt.

Eine Besonderheit von Botschaftsbauten ist, dass sie Klima und Sicherheitsbedingungen vor Ort berücksichtigen müssen. Auch die lokale Kultur?

Auch die, oder zumindest die lokale Gesetzgebung. In Saudi-Arabien zum Beispiel schreibt das Baurecht vor, dass es nicht möglich sein darf, aus dem Fenster eines Gebäudes in das Nachbarhaus zu blicken. Das widerspricht natürlich deutschen Lebensgewohnheiten. Die Botschaft in Riad löste das Problem, indem sie dokumentierte, dass von Seiten des Nachbarn keine Einwände bestehen, und dann eine Übereinkunft mit dem saudischen Staat traf. 

Trotz des Lobs für den Eiermann-Bau: Ein Großteil insbesondere der wichtigen Botschaften ist noch immer in Gebäuden aus der Vormoderne untergebracht.

Frankreich beschlagnahmte im Zweiten Weltkrieg Deutschlands altes, prächtiges Botschaftsgebäude, so dass Westdeutschland in den frühen Sechzigerjahren eine neue Auslandsvertretung in Paris baute. Das mehrgeschossige Gebäude in der historischen Innenstadt war ein moderner Bürobau. Obwohl er dem westlichen Zeitgeist entsprach, fremdelten die Diplomaten mit ihm: Kaum hatte Frankreich die vormalige Botschaft zurückgegeben, schlüpften Deutschlands Gesandte zurück ins alte Kleid. Weil es eben so wunderbar vorzeigbar ist! In den Neunzigerjahren warb die damalige Präsidentin der Bundesbaudirektion dafür, das Auswärtige Amt solle seine Vorliebe für die Vormoderne zugunsten zeitgenössischer Architektur überwinden. Dazu ist es bis heute nicht gekommen.

Wie erklären Sie sich das?

Es geht nun mal um Würde, um eine Kleiderordnung. In den Gebäuden der Vormoderne kann man Staat machen – im doppelten Sinne. Der durchgedrückte Rücken gehört zur Freitreppe, beeindruckende Bilder entstehen nicht im niedrigen Büroflur.

 

JÖRN DÜWEL ist Professor für Geschichte und Theorie der Architektur an der HafenCity Universität in Hamburg. Mit Philipp Meuser hat er jetzt das Buch Architektur und Diplomatie: Bauten und Projekte des Auswärtigen Amts 1870 – 2020 verfasst.

Der Text stammt aus dem DOM magazine No. 1, Februar 2020. Unser Magazin erscheint vier Mal jährlich – zwei Mal auf Deutsch und zwei Mal auf Englisch. Das aktuelle Exemplar bekommen Sie mit Ihrer Bestellung in unserem Webshop.

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"Nichts ist nachhaltiger als dicht besiedelte urbane Räume"

Städte, die auf Menschen zugeschnitten sind – das ist das zentrale Anliegen von Karsten Pålsson. Hier spricht der Autor unseres Buchs Urban Block Cities über das Ideal der Blockrandbebauung, seine Heimatstadt Kopenhagen und den Wiederaufbau in der Ukraine.

 

Interview: Björn Rosen
Foto: Pålsson in seinem Kopenhagener Büro© palssonurbanism.com 

 

Herr Pålsson, Ihre Heimatstadt ­Kopenhagen spielt eine zentrale Rolle in Ihren Büchern. Inwiefern hat sie Ihren Blick auf Urbanismus geprägt?

Ich bin im Zentrum von Kopenhagen aufgewachsen, in einem Stadtteil, dessen Bebauung um 1900 in Anlehnung an ähnliche Viertel in Berlin oder Wien entstand. Ein wunderbarer Ort, der Nähe und Distanz verbindet. Man hat dort seine Privatsphäre, aber wenn man auf die Straße hinaustritt, wird man zum Teilnehmer am öffentlichen Leben, lernt, mit unterschiedlichsten Menschen umzugehen. Die Wege sind kurz: Ich konnte mit dem Fahrrad zur Schule fahren und die Straßenbahn brachte einen schnell überallhin. Zwar waren die Hinterhöfe in meiner Kindheit schmutzig und dunkel, aber im Zuge der Stadterneuerung hat man sie in den 1990er Jahren begrünt. Auch in den 1920er und 1930er Jahren, als sich Europas Großstädte stark entwickelten, gab es beispielhafte Projekte: größere Stadtblöcke, die von Beginn an grüne Innenhöfe besaßen.

Kritiker könnten Ihnen vorwerfen, rückwärtsgewandt zu sein.

Das ist ein Irrtum. Wir reden heute viel über Nachhaltigkeit: Nichts ist nachhaltiger als dicht besiedelte urbane Räume. Die Viertel, über die ich eben sprach, sind es schon allein deshalb, weil es sie mehr als 100 Jahre nach ihrer Errichtung und trotz unterschiedlichster Nutzung über die Jahrzehnte immer noch gibt und sie nach wie vor sehr populär sind. In einer Stadt wie Berlin zieht es die Menschen in Stadtteile mit dichter Blockrandbe­bauung wie Prenzlauer Berg und Friedrichshain, Plattenbauquartiere sind trotz Sanierung wenig populär. Ich spreche mich auch nicht gegen moderne Architektur aus. Moderne Architekten sind sehr gut darin, Orte zum Leben zu schaffen, aber nicht daran interessiert, eine dichte Stadt zu bauen.

Was ist für Sie ein positives Beispiel für Stadtentwicklungsprojekte jüngerer Zeit?

Sluseholmen, ein Viertel im Süden Kopenhagens, wo sich einst Hafenanlagen befanden. Die Entwicklung dort begann im Jahr 2000. Heute ist das eine urbane Siedlung am Wasser mit vier- bis sechsgeschossigen Gebäuden und begrünten Höfen, Hochhäuser gibt es keine. Die Architektur ist sehr abwechslungsreich. Hinzu kommen Wasserstraßen, Gassen und Plätze. Ein gelungenes Viertel zeichnet sich dadurch aus, dass man nicht nur komfortabel in seinen Häusern wohnen, sondern dort auch einen interessanten Spaziergang machen kann.

Kopenhagen steht in diesem Jahr als Welthauptstadt der Architektur inter­national im Rampenlicht. Ihr Bezugspunkt ist der europäische Städtebau – lassen sich dessen Prinzipien auf andere Teile der Welt anwenden?

Ich denke, dass es ein universelles Bedürfnis gibt, ein Zuhause, ein Gefühl lokaler Zugehörigkeit und sichere Straßen zu haben. Die europäische Stadttradition ist insofern einzigartig, als sie offene Fassaden in Richtung der öffentlichen Straßen besitzt. Die Tradition in Lateinamerika beispielsweise sieht anders aus, dort gibt es "geschlossene" Häuser mit privaten Innenhöfen. In dieser Hinsicht, denke ich, hat die europäische Tradition anderen Kulturen durchaus etwas zu bieten.

Innerhalb der Reihe Histories of ­Ukrainian Architecture, die DOM publishers in Reaktion auf den russischen Angriff im ­Februar 2022 aufgelegt hat, erscheinen Ihre zwei Bücher zur Stadtplanung nun auch auf ­Ukrainisch. Was erhoffen Sie sich davon?

Dass sie Inspiration sind für Bürger, Architekten und Politiker in der Ukraine. In meinem zweiten Buch Urban Block Cities findet sich etwa eine Entwurfsskizze, die ich für ein neu zu bebauendes Gebiet in Kopenhagen angefertigt habe. Solche Beispiele könnten beim Wieder­aufbau zerstörter Städte helfen. Im neuen Kulturzen­trum Ukrainian House in Kopenhagen habe ich gelernt, dass die Ukrainer schon seit vielen Jahren gegen den Einfluss von Oligarchen und für mehr Demokratie in Entscheidungsprozessen und eine menschengerechtere Stadtplanung kämpfen. Mich hat das in meiner Auffassung bestärkt, dass meine Thesen in der Ukraine von Interesse sein könnten: In den kommenden Monaten und Jahren werden dort viele Architekten aus dem Westen vorstellig werden. Ich sehe die Gefahr, dass dann überall schön gestaltete Enklaven entstehen, gated communities, aber kein gelungener Urbanismus.  

Wie kann dies aus Ihrer Sicht verhindert werden?

Meine Botschaft lautet: Die Ukraine sollte sich darauf konzentrieren, eine öffentliche Stadtplanung zu eta­blieren, eine Kombination aus zentraler Planung und Bürgerbeteiligung. Im Mittelpunkt sollte zunächst immer der öffentliche Raum mit Straßen, Plätzen und Monumenten stehen. Natürlich ist das eine große Herausforderung. Aus eigener Erfahrung in Dänemark weiß ich, dass wirtschaftliche Interessen oft alles andere in den Hintergrund treten lassen. Ich hoffe, die Ukrainer können manches besser machen als wir.

 

KARSTEN PÅLSSON, Jahrgang 1947, ist als Architekt auf die Themen Stadterneuerung, Nachverdichtung, Instandhaltungsplanung sowie auf die Umgestaltung von Wohnblöcken und anderen Gebäuden spezialisiert. Er war als Berater unter anderem für das dänische Ministerium für Wohnungswesen und städtische Angelegenheiten tätig. Mehr auf seiner Website: palssonurbanism.com

Garbatella: Die schillernde Geschichte des römischen Viertels

Seit sechs Monaten ist Giorgia Meloni italienische Ministerpräsidentin. Aufgewachsen ist die umstrittene Politikerin in Garbatella, im Süden Roms. Das Arbeiterquartier hat eine schillernde Geschichte: Es entstand in der Zeit des Faschismus – und gilt als linke Hochburg.

 

Text: Damien Leaf
Foto: Das Teatro Palladium (1926/27, Innocenzo Sabbatini) gehört heute zur Universität Roma Tre. © Creative Commons/Sergio D’Afflitto

 

»Ich stamme aus Garbatella, manchmal kommt diese Seele durch«, hat ­Giorgia Meloni, seit Oktober 2022 Ministerpräsidentin von Italien, einmal gesagt. Damit wollte die 45-Jährige ihren oft unbeherrschten, rüpeligen Ton erklären. Garbatella ist ein landesweit bekanntes ­Arbeiterviertel im Süden der italienischen Hauptstadt Rom. Die Politikerin wuchs dort ab ihrem dritten Lebensjahr auf. Dass Meloni, Vorsitzende der rechtsnationalen Fratelli d’Italia – manchmal wird die Partei auch als postfaschistisch klassifiziert, weil ihre Vorgängerorganisationen offen auf den Faschismus Bezug nahmen –, ausgerechnet aus diesem Stadtteil kommt, sei »eine Ironie der Geschichte, aber zugleich schlüssig«, schreibt die Süddeutsche Zeitung.

Tatsächlich ist die Entstehung des Quartiers eng mit dem diktatorischen Regime von Benito Mussolini verbunden. 1920 gegründet, wurde Garbatella zunächst nach den Prinzipien der Gartenstadtbewegung gestaltet: niedrige Häuser und viel Platz, um zum Beispiel Gemüse und Obst anzubauen. Unter den Faschisten, die 1922 die Macht übernahmen, änderte sich das: Sie setzten stark auf den Bau von Wohnungen. Dieser war nicht zuletzt nötig geworden, weil ­Mussolini auf der Suche nach antiker imperialer Größe die Altstadt Roms freilegen ließ und viele Leute dadurch ihre Bleibe verloren.

Garbatella, gelegen in Nachbarschaft zu den Industriebetrieben von Ostiense, wurde nun verdichtet: Große Wohnbauten entstanden, aber auch Schulen, Theater, eine Badeanstalt.  Die Abrissbetroffenen aus der Altstadt zogen Ende der Zwanzigerjahre in »Alberghi ­ suburbani«. Ursprünglich nur als Übergangslösung mit gemeinsamen Küchen, Speisesälen und Kindereinrichtungen gedacht, wurden ihre Innenräume schließlich zu abgeschlossenen Wohneinheiten umgestaltet. Diese eindrucksvollen, in unterschiedlichen Farben gehaltenen Komplexe nach Entwürfen von Innocenzo Sabbatini (1891–1983) sind die bekanntesten Gebäude des Viertels und in ihrem Stil schwer einzuordnen.

Charakteristisch für ­Garbatella ist seine bauliche und städtebauliche Vielfalt. »In der ersten Hälfte der faschistischen Herrschaft hatten die Architekten relativ viel Freiraum, für diese Zeit sind auch regionale Stile prägend«, sagt Sozialwissenschaftler und Stadtplaner Harald Bodenschatz, dessen Standardwerk Städtebau für ­Mussolini nun in einer erweiterten Neuauflage erschienen ist. »Unser Bild faschistischer Architektur ist von der späten Phase mit seiner nationalen Einheitsarchitektur geprägt.«

Das bauliche Erbe des Viertels führte jedoch nicht dazu, dass dieses zu einer Hochburg der Rechten wurde. Im Gegenteil. Lange galt ­Garbatella als ausgesprochen links. ­Melonis politische Ideen – mit 15 Jahren trat sie der Jugendorganisation des neofaschistischen Movimento Sociale Italiano bei – entstanden wohl in Abgrenzung zu ihrer Umgebung, in der sie eine Kindheit und Jugend mit Härten durchlebte. Trotzdem spricht sie mit Nos­talgie von dem Quartier, vielleicht auch zur Selbstinszenierung. Garbatella dominieren bis heute Sozialwohnungen. »Zugleich gibt es Anzeichen einer Gentrifizierung«, sagt Bodenschatz. Der Guardian wählte es gar zu einem der »zehn coolsten Viertel Europas«.

Unsere verlegerische Antwort auf den Krieg

Vom multiethnischen Erbe Osteuropas bis zum Wiederaufbau nun zerstörter Städte: Mit unserer neue Reihe Histories of Ukrainian Architecture wollen wir ukrainischen Forschern, Architekten, Stadtplanern und Autoren international eine Stimme geben.

 

Foto: Nataliia Mysak, Architektin und Stadtforscherin aus dem westukrainischen Lwiw, wird in der neuen Reihe das Buch Large Housing Estates in Ukraine veröffentlichen. © Philipp Meuser

 

In Reaktion auf den russischen Angriff im Februar 2022 hat DOM publishers das Programm Histories of Ukrainian Architecture ins Leben gerufen. In Kürze werden wir nun die ersten Bücher dieser neuen Reihe, die als Teil unserer Grundlagen erscheinen, veröffentlichen. Dazu gehören Titel, die sich mit dem multiethnischen Erbe Osteuropas oder den Bauten aus der Sowjetzeit auseinandersetzen, ebenso wie solche, die den Wiederaufbau jetzt zerstörter Städte ins Auge fassen. Einige der Bücher erscheinen auf Deutsch und Englisch, andere auf Ukrainisch. Unser Ziel: Ukrainischen Autoren außerhalb ihres Heimatlandes mehr Gehör zu verschaffen, das Wissen über die Architekturgeschichte zu erweitern und die Souveränität der Ukraine zu stärken. Darüber hinaus werden in der preisgekrönten Reihe der Architekturführer Titel über Kyjiw und Charkiw (jeweils auf Englisch und Ukrainisch) veröffentlichen. Sie ergänzen zwei Bücher, die wir bereits vor einigen Jahren herausgebracht haben: einen deutschsprachigen Architekturführer zur ukrainischen Hauptstadt und einen Band zur baubezogenen Kunst von 1960 bis 1990.

Industrieller Wohnungsbau in der DDR: Buchpräsentation und Diskussion in Dresden

Zu Gast im Kulturpalast: Am Donnerstag, 16. Februar, stellen wir unser Buch Vom seriellen Plattenbau zur komplexen Großsiedlung in Dresden vor.

 

Foto: Acht- bis elfgeschossige Wohnbauten mit Funktionsunterlagerung am Heinrich-Heine-Platz in Berlin, Perspektive. Die Projektierung erfolgte durch den VEB Baukombinat Leipzig (1987). © Architektur der DDR, Heft 1 /1988

 

Wir laden Sie herzlich ein zu unserer Buchpräsentation am Donnerstag, 16. Februar, mit anschließender Diskussion über den neuen DOM publishers-Titel Vom seriellen Plattenbau zur komplexen Großsiedlung. Als Moderator des Abends haben wir den ehemaligen Dresdener Oberbürgermeister Dr. Ingolf Roßberg gewinnen können. Gemeinsam mit Ihnen wollen wir sprechen über das baukulturelle Erbe des sozialistischen Wohnungsbaus und dessen heutige Bedeutung.

 

Das Programm

Dr. Ingolf Roßberg, Oberbürgermeister a. D., Dresden – Moderation

Prof. h. c. Dr. Philipp Meuser, Architekt und Autor, Berlin – Thematische Einführung und Buchpräsentation

Dr. Jörg Blobelt, Architekt und Ko-Autor, Dresden – Zum Erbe des DDR-Wohnunsgbaus

Uta Lambrette, Architektin und Architekturkritikerin, Dresden – Ein kommentierender Zwischenruf

 

Der Veranstaltungsort

ZfBK – Zentrum für Baukultur Sachsen im Kulturpalast Dresden

Schloßstraße 2, 01067 Dresden, Eingang über Galeriestraße

Der Eintritt ist kostenfrei. Beginn der Veranstaltung ist 19.00 Uhr.

Zwischenstopp in Halle an der Saale

Thomas Dietzsch ist Autor unseres kürzlich erschienenen Architekturführers Halle an der Saale. Sachsen-Anhalts größte Stadt kennt er seit seinem zweiten Lebensjahr. Hier führt er zu Bars, Inseln und einem tätowierten Fisch.

 

Text: Thomas Dietzsch
Foto: Marktkirche St. Marien, Westansicht mit Blauen Türmen, südliche Altstadt,
© Tomasz Lewandowski, Görlitz 

 

Geboren bin ich in Mecklenburg, aber in Halle wohne ich seit meinem zweiten Lebensjahr – wenn man vom Architekturstudium in Weimar, Berlin und Paris absieht. Immer wieder bin ich hierher zurückgekehrt, ich finde, die Stadt hat viel Lebensqualität. Das beginnt mit ihrer Größe: nicht zu unübersichtlich, aber auch groß genug für ein vielfältiges kulturelles Leben. Halle bewegt sich etwas unter dem Radar, was durchaus Vorteile hat: Anders als in anderen Teilen Ostdeutschlands fielen hier nach der Wende nicht scharenweise Investoren ein. Es gibt viele qualitätvolle Neubauten und behutsame Restaurierungen – keine andere deutsche Großstadt wurde während des Zweiten Weltkriegs weniger stark zerstört. Meine Familie und ich wohnen im Zentrum, zwischen dem Dom und der Moritzburg (Friedemann-Bach-Platz 5), die Nieto Sobejano von 2005 bis 2008 um einen Museumsflügel erweitert haben; es war der erste Auftrag der Spanier außerhalb ihrer Heimat. Ganz in der Nähe befindet sich die Saale. Vom Mühlgraben, einem Nebenarm des Flusses, starten wir manchmal zu Kanu-Touren.

Gründerzeit. Die baulich interessanteste Geschäftsstraße der Stadt ist die Große Ulrichstraße, die sich vom Marktplatz nach Norden schlängelt. Auf einem mittel­alterlichen Grundriss findet man hier zum Teil prächtige Gründerzeitbauten, nicht zuletzt historische beziehungsweise ehemalige Kaufhäuser mit Lichthöfen. Die Kleine Ulrichstraße, die parallel dazu verläuft, ist ruhiger, dort gibt es kleine Läden und Kneipen. Ich trinke gern einen Gimlet im Zazie (Kleine Ulrichstraße 22), einem Programmkino mit stilvoller Bar, benannt nach dem gleichnamigen Film von Louis Malle. Empfehlen kann ich auch die Sakura Sushi­bar (Große Ulrichstraße 33), die sich in dem historischen Gebäude am nördlichen Ende der beiden Straßen befindet. Vom ersten Obergeschoss blickt man hier hinab auf die Straßenbahnen und das geschäftige Treiben.

Inselreich. Einen Spaziergang entlang der Saale beginnt man am besten auf Höhe des Planetariums und arbeitet sich dann Richtung Norden vor: entlang des Freibads Saline (Mansfelder Straße 50a) über die Ziegelwiese bis zur Burg ­Giebichenstein, Sitz einer traditionsreichen Kunsthochschule. Die Ziegelwiese ist ein besonders populärer Ort – vor allem im Sommer zieht es die ­Hallenser auf diese Binneninsel. Dort befindet sich die mit 80 Metern angeblich zweithöchste Fontäne Europas, errichtet 1968 anlässlich der 10. Arbeiterfestspiele der DDR. Einmal auf der kleinen Peißnitzbrücke die Saale überquert, gelangt man auch schon auf die nächste Insel: Im Gartenlokal Peißnitzhaus (Peißnitzinsel 4) kann man ganzjährig Kultur­veranstaltungen erleben.

Wunderkammer. Einer von Halles berühmtesten Söhnen ist der ehemalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher. Er blieb seiner Heimatstadt auch zu Zeiten der deutschen Teilung verbunden und organisierte vor dem Fall der Mauer finanzielle Unterstützung aus dem Westen für die Franckeschen ­Stiftungen (­Franckeplatz 1/Haus 2–7). Gegründet vor mehr als 300 Jahren als eine Anstalt für Arme und Waisen, handelt es sich dabei heute um einen einzigartigen Ort für kulturelle, wissenschaftliche, pädagogische und soziale Einrichtungen. Unter anderem hat die Bundeskulturstiftung dort ihren Sitz. Ich bin fasziniert von der barocken »Kunst- und Naturalienkammer« im ehemaligen Schlafsaal der Waisenknaben. Tausende Artefakte und Kuriositäten gibt es da zu bestaunen, zum Beispiel versteinerten Käse und einen tätowierten Fisch.

 

THOMAS DIETZSCH, Jahrgang 1965, ist Co-Autor des neuen Architekturführers Halle an der Saale. Er studierte Architektur in Weimar und Berlin-Weißensee sowie Stadtplanung in Paris-Belleville und ist heute als Architekt BDA mit einem eigenen Büro in seiner Heimatstadt und ihrer Umgebung tätig. Foto: privat

 

Mehr als 5.000 Jahre Architekturgeschichte: Buchpräsentation in Berlin

Von der Mittelmeerküste bis an den Euphrat: Am Donnerstag, 17. November, stellen Herausgeber und Autoren die Architekturführer Irak/Syrien und Izmir in Berliner Bücherbogen vor.

 

Foto: Der Architekturführer Izmir, aufgenommen am Konak-Platz, Verkehrsknotenpunkt und historische Sehenswürdigkeit der türkischen Metropole. © Mehmet Çelik

 

Ob Izmir an der Ägäisküste, Damaskus oder Aleppo: Zwischen Mittelmeer und Euphrat finden sich einige der ältesten dauerhaft besiedelten Städte – und wesentliche Beiträge zur Weltarchitektur. Die Region Mesopotamien gilt gar als "Wiege der Zivilisation". Zwei kürzlich erschienene Titel stellen das mehrere tausend Jahre alte bauliche Erbe der Levante vor: der Architekturführer Irak/Syrien, herausgegeben von Lore Mühlbauer und Yasser Shretah, sowie der Architekturführer Izmir von Mehmet Çelik, erhältlich auf Deutsch, Englisch und Türkisch

Am Donnerstag, 17. November, präsentieren Herausgeber und Autoren die zwei Bücher in der Berliner Buchhandlung Bücherbogen (Stadtbahnbogen 593, 10623 Berlin). Die Veranstaltung beginnt um 19:30 Uhr. Der Eintritt ist frei. Einen Flyer mit allen Informationen finden Sie hier: klick